Spitz(en)-Geschichten

Gelegentlich schreibe ich meine Erlebnisse mit den Tieren auf. Hier möchte ich einige Anekdoten rund um meine Zwei- und Vierbeiner mit Euch teilen.

August 2022:

Mama Möppi 
Möppi ist so eine liebevolle, gute Mutter.
Milch hat sie nicht mehr viel, vielleicht auch gar nicht mehr. Die Kleinen nuckeln manchmal an ihren Zitzen, aber nur ganz kurz. Möppi umsorgt sie aber immer noch hingebungsvoll. Sie werden gewaschen, liebkost, zurechtgewiesen, belehrt und beschützt, den ganzen Tag über.
Oft beobachte ich die Drei im Welpengehege, wenn Mama Möppi sie mit dem grunzenden Gummischwein zum Spielen auffordert, ihnen das Apportieren beibringen will und gemeinsam mit ihnen klettert und Dinge erforscht.
Immer, wenn sie mich anschaut, strahlt ihr hübsches, kleines, rotes Gesicht. Sie lacht regelrecht, und aus ihren dunklen, warmen Augen springt mir das pure Mutterglück regelrecht entgegen.
Sie ist ein wundervolles Wesen, ein großer Charakter in einem feuerroten, kleinen Körper.
Wenn ich sie irgendwohin mitnehme, und sei es nur kurz zum Einkaufen, in die nächstgelegene Stadt, dann fährt sie freudig mit, obwohl ihre Kinder zuhause bleiben. Sie weiß sie dort gut aufgehoben, beim Herrchen, der restlichen Spitzrotte und Igor, der alle anderen beschützt. Ohne einen Blick zurück zu werfen folgt sie mir, rennt voraus, umkreist mich, spring auf und ab und ist ganz außer sich, vor Vorfreude, auf die gemeinsame, kleine Unternehmung.
Schicke ich mich jedoch an, auch ihre Welpen einzupacken, dann ist ihr Glück nicht mehr zu toppen. Dann flitzt sie noch viel schneller zum Auto und wieder zurück, springt viel höher und jauchzt bisweilen, vor lauter Lebenslust.
Draußen, in der Natur, wo uns niemand stört, wackeln ihre kleinen Minimöppen mit forschen Schritten voraus. Sie sind voller Neugier, voller Wissensdurst. Manchmal verharren sie, zögern, brauchen eine Weile, um Mut zu fassen. Manchmal schrecken sie auch zurück, suchen Schutz bei ihrer Mutter oder mir, um dann, wenn sie erkennen, dass alles halb so schlimm ist, wieder munter drauf los zu hoppeln. Oft noch ungeschickt springen sie umher, stecken ihre kleinen, schwarzen Gummelnasen in Löcher, betasten Dinge mit ihren samtweichen Tatzen oder zerren verwegen an etwas herum.
Und immer ist Mama Möppi in der Nähe, immer ein Auge auf die Kleinen gerichtet. Sie beobachtet die beiden Chaoten ganz genau, stellt sich bisweilen vor sie, maßregelt sie auch schon einmal, aber sie animiert sie auch, Neues zu entdecken und auszuprobieren.
Da auch ich auf die Kleinen achte, wie auf alle meine Hunde, tauschen wir zwei, das Möppen und ich, oft Blicke aus. Manchmal signalisiere ich ihr, dass sie ruhig laufen und sich austoben kann, denn ich passe auf. Das nimmt sie dankbar zur Kenntnis und saust los. Wenn sie genug hat, kommt sie zurück und tut mir kund, dass sie nun wieder die Aufsicht über ihre Kinder übernimmt.
Wenn die Zwei zu waghalsig werden, wirft sie mir manchmal sorgenvolle Blicke zu. Dann gehe ich genau nachschauen, was die Beiden machen und trage sie notfalls auch schon einmal ein ganzes Stück weiter, leine sie an oder ähnliches.
Manchmal ist ihr Blick auch voller Stolz, nämlich dann, wenn ich die Kleinen lobe, wenn ich sie voller Liebe und Bewunderung anschaue und Möppi dafür danke, dass sie mir diese herrlichen Geschöpfe geschenkt hat.
Manchmal lacht sie mich an, weil ihre Kleinen, wie die Wilden, toben und rennen, dass es nur so staubt. Das gefällt ihr. Das sind die Momente, in denen man sieht, dass das Möppi´s Kinder sind, kleine, rote Plüschratzerüben, die richtig Pfeffer im Hintern haben, wie ihre Frau Mama.
Oft aber sieht man in ihrem Gesicht einfach nur dieses Strahlen, diesen einmaligen Ausdruck, den nur die Mutterliebe auf ein Gesicht zu zaubern imstande ist... 


Juli 2022:
Die tapfere Polle
Polle ist wirklich ein extrem tapferer, ja geradezu verwegener, kleiner Hund. Aber manchmal muss sie sich ein wenig überwinden, um mutig zu sein.
Heute regnet es, wie aus Kannen. Aber die Spitzrotte verlässt das Haus, stürzt hinaus, und alle suchen sich, nicht weit weg vom schützenden Schleppdach des Stallgebäudes, gegenüber vom Haus, eine Stelle zum Pinkeln. Sie sind schnell fertig und huschen wieder unter das Dach. Dort lässt es sich aushalten. Scully und Gisela jagen einander rund um mein Auto herum, Jurek beobachtet unentwegt die Haustüre, Möppi kontrolliert alle Pinkelstellen, um sie gründlich zu überpinkeln, und Polle sieht man nicht. Sie ist hinter dem Auto, da wo niemals ein Tropfen Regenwasser hinkommt.
Irgendwann komme ich wieder zur Türe, um die Rotte wieder rein zu lassen. Ich öffne die Tür und rufe "Hunde!"
Jurek, der schon in den Startlöchern steht, fliegt herbei. Er gallopiert nicht, wie ein kleines Pferd, sondern springt in großen Sätzen, ähnlich einem Reh, auf der Flucht. Die drei Stufen nimmt er fliegend und huscht, an mir vorbei, ins Haus.
Ihm folgt flott das Möppen. Es scheut das Wasser nicht. Es scheut eigentlich überhaupt nichts. Es ist der tapferste, kleine, rote Hund der Welt.
Gisela pretscht herbei, einem weißen Pfeil gleich. Sie hat eine ganz eigene Art, zu rennen. Als Pferdefreundin bin ich geneigt, zu sagen, ihr Galopp sei eher gelaufen, als gesprungen. Die Treppenstufen nimmt sie jedoch mühelos und flitzt ins Innere.
Scully kommt, von irgendwoher, heran. Sie hat es offenbar nicht ganz so eilig, hätte gerne noch mit Gise unter dem Dach gespielt.Man könnte nun meinen, alle Spitze wären drin, wüßte man nicht, dass die Polle fehlt.
Die Polle sehe ich nicht. Sie verharrt hinter dem Auto. Also rufe ich sie: "Polle! Komm!" Nun wird sie sichtbar. Sie steht nun neben dem Kofferraum und schaut abwechselnd auf mich und auf den Regen. "Polleee!" rufe ich erneut. Polle hebt eine Vorderpfote an. Sie sieht aus, wie ein Vorstehhund. "Komm!" Die Polle wippt leicht vor und zurück. Sie braucht noch etwas Motivation. Also rufe ich erneut: "Komm Polleee!" Nun gibt es für sie kein Halten mehr. Sie katapultiert ihren kleinen, feuerroten Leib tapfer in die niederprasselnden Fluten hinein und gallopiert los. Ihr Galopp ist gesprungen, sehr gesprungen, wie bei jenen Zirkuspferden, die eine Schmuckfeder auf ihren Köpfen tragen. Man hört leise "Patsch! Patsch! Patsch!", als sie durch die Pfützen springt.
Je näher sie kommt, desto besser kann man ihre Mimik erkennen. Ihre großen Kulleraugen sind zusammen gekniffen, sind nur noch Schlitze. Ihr ganzes Gesicht drückt Unbehagen aus. Auf den letzten 3 bis 4 Metern beschleunigt sie noch einmal. Ihre Ohren sind nach hinten geklappt, die Nase ragt nach vorne hinaus. Die Polle macht einen auf Aerodynamik, um schneller voran zu kommen.
Drinnen angekommen schüttelt sie sich kurz und nimmt wieder die spitztypische, stolze Haltung ein. Ich lobe sie: "Toll Polle. Gut gemacht!"
Ihre Reaktion ist ebenfalls spitztypisch. Sie tänzelt, betont gelassen, um mich herum, hält dann inne, schaut mich an, und ihr Blick sagt: "Was hast du? War doch alles ganz easy."


Januar 2021

Maruschka und das Licht
Ich erinnere mich gerade an meine, im Dezember 2019 verstorbene Großpudelhündin Maruschka…
Es gibt, hier im Hof, eine Lampe mit Bewegungsmelder, und wenn man dessen Sensorenbereich kreuzt, dann geht das Licht an. Nach einer Weile erlischt es aber wieder. Dann muss man, wenn man noch Licht braucht, den Bereich wieder aufsuchen, damit es wieder angeht…
Maruschka war ein hyperaktiver Hund. Sie hatte keine Ruhe im Leibe. Von Anfang an war sie ein regelrechter Zappelphilipp, rannte ständig rastlos umher, hatte Konzentrationsschwierigkeiten und war nur in geschlossenen Räumen ruhig und entspannt. Ein Tierarzt aus Aachen hat mir irgendwann einmal gesagt, der Hund habe ADHS, und man könne ihr dafür Tabletten geben. Ich habe ihn damals angeschaut und gesagt „Nennen sie es, wie sie wollen. Ich nenne es „eins an der Klatsche“, und dagegen gibt es keine Pillen.“
Es war nicht einfach mit ihr, denn ihr etwas beizubringen, war so eine Sache für sich. Es gelang mir aber, Zugang zu ihr zu finden und ihr vieles beizubringen. Sie glänzte bei allem, was mit Schnelligkeit, sportlicher Leistung, Bewegung zu tun hatte. Aber Dinge, bei denen man stillhalten und sich konzentrieren musste, waren nichts für sie. Ich akzeptierte das und machte das Beste daraus. Sie war eine Sportskanone der Superlative, konnte Dinge, die man sich kaum vorstellen kann. Sie sprang über meinen Kopf hinweg, als sei ich ein Zwerg, schwamm weite Strecken in Rekordzeit, kraxelte steilste Hänge hinauf und sprang hinterher einfach hinunter. Sie wurde niemals müde und rannte schneller, als mancher Windhund. Mein Igor z.B. rennt längst nicht so schnell, wie Maruschka es damals vermochte…
Da Maruschka gerne Dinge lernen und sich nützlich machen wollte, war sie also zuständig für alles, was mit Bewegung zu tun hatte. So nutzte ich ihre Leidenschaft fürs Herumrennen seinerzeit, um mit ihrer Hilfe, die Lampe im Hof einzuschalten. Ich rief ihr einfach zu „Maruschka! Licht an!“ und sie rannte los und kasperte so lange vor dem Bewegungsmelder herum, bis das Licht erstrahlte. Das machte ihr großen Spaß, und sie war mächtig stolz auf sich…
Als Maruschka zu altern begann, ließ ihr Gehör immer mehr nach. Irgendwann konnte sie gar nichts mehr hören, und ich konnte ihr keine akustischen Kommandos mehr geben. Tagsüber reagierte sie sehr gut auf stumme Zeichen meinerseits, aber im Dunkeln war die Kommunikation mit ihr schwierig.
Maruschka aber war zwar bekloppt , jedoch nicht dämlich, und so begann sie, ganz von selber, das Licht anzuschalten, sobald ich mich näherte und sie davon ausging, dass ich einer Erleuchtung bedürfe…
Sie nahm das Ganze sehr ernst und erledigte ihren Job mit großer Präzision…
Als sie, zum Ende hin, so geschwächt war, dass sie oftmals sogar einfach nur da lag und das Treiben der anderen Hunde passiv beobachtete, stand sie trotzdem noch auf und „schaltete“ das Licht ein, freiwillig und aus eigenem Antrieb...
Sie war der einzige Hund, der diese Übung beherrschte, und sie sah es wohl als ihre Pflicht an, als ihren unverzichtbaren Part, im alltäglichen Rudelleben, den zu erfüllen sie allzeit bereit war, pflichtbewusst und zuverlässig, bis zuletzt…
Am Abend vor dem Tag, an dem sie die Dunkelheit nicht mehr erlebte, weil sie die erlösende Spritze bekam, schaltete sie mir noch, treu ergeben, die Lampe an, schweren Schrittes, wankend, aber voller Stolz über den sichtbar eingetretenen Erfolg ihres Tuns.
Sie stand dann da, im Lichtkegel der Lampe, ihre trüben Augen schauten mich an… voller Stolz, ihr Gesicht lachte und die fahlen Locken ihres stumpfen Fells wirkten leuchtender, als am Tage.
Ich tätschelte ihren Kopf, drückte ihn kurz an meinen Oberschenkel, so wie ich es immer tat, wenn ich ihr zeigen wollte, dass ich stolz auf sie bin…
Am Abend ihres Todestages blieb es dunkel im Hof. Manchmal löste einer der anderen Hunde zufällig den Impuls aus, der die Lampe erleuchten ließ, aber niemand schaltete sie wieder an, wenn sie erlosch…
Heute noch stehe ich oft im Dunkeln und denke, voll Wehmut, an Maruschka.
Ihre Tätigkeit, als Lichteinschalterin, war so selbstverständlich für mich gewesen. Ich habe damals gar nicht großartig darüber nachgedacht. Sie machte halt ihren „Job“, so wie wir alle hier unser Ding machen… jeder so, wie er kann und/oder will…
So geht es mit so Vielem, im Leben. Es ist so selbstverständlich, obwohl es das gar nicht wirklich ist. Die außergewöhnlichsten Dinge werden zur Routine, zur Normalität, die man hinnimmt, ohne jemals dankbar dafür zu sein oder sich darüber bewusst zu sein, dass es etwas Schönes, Wunderbares ist, was da tagtäglich geschieht…
Maruschka, der ADHS-Hund, konnte vieles, was andere Hunde nicht konnten. Ihre Pudelkameradin und beste Freundin Galina war das genaue Gegenteil von ihr. Sie glänzte in allem, was mit Konzentration und innerer Ruhe zu tun hatte. Galina konnte man 10 Hundekuchen auf den Kopf stapeln und oben drauf noch eine brennende Kerze. Und sie trug es, mit Stolz und Würde, ohne zu wackeln. Galina konnte auch versteckte Menschen finden, schnell und zuverlässig. Und es war gut so, dass sie das alles konnte, denn ihr Körper war nicht mit Gesundheit gesegnet, und hätte man ihr sportliche Höchstleistungen abverlangt, wie Maruschka sie vollbrachte, wäre sie kläglich daran gescheitert. Sie tat das, wozu sie imstande war, und sie tat es mit Bravour…
So hat ein jedes Wesen seine Stärken und Schwächen, und man kann mit jedem von ihnen etwas anfangen, man muss nur wissen, was.
Jetzt, wo ich wieder einmal hier sitze und, mit einem lachenden und einem weinenden Auge, an meine Maruschka zurück denke, fallen mir so viele Dinge ein, die sie ausmachten, die sie tat, weil sie es konnte und weil sie mir gefallen wollte. Sie war, hier bei mir, am richtigen Platz. Sie kam in mein Leben, zeigte, was sie konnte und gab ihr Bestes… bis zum Schluss. 


Januar 2020
Selektive Taubheit bei Windhunden
Ich hatte schon Hunde verschiedenster Rassen, und auch ein Mischling war schon mit dabei. Auch kannte ich schon eine Menge verschiedenster Hunde, aller Arten, Größen und Varietäten, manche davon sogar sehr gut...

Jede Rasse hat ihre Stärken und Schwächen, jede eine besondere Fähigkeit, über die die meisten Vertreter dieser Rasse verfügen, der eine mehr, der andere weniger...

Die wohl herausragendste Begabung der diversen Windhundrassen ist die Fähigkeit, ihre Ohren, egal wie sie geformt sind, jederzeit, völlig mühelos, vor nicht erwünschten akustischen Reizen zu schützen...

Wenn ein Windhund nichts hören will, dann hört er nichts, und das liegt an seiner Anatomie:

Bei "normalen" Hunden dringen die Schallwellen automatisch ins Ohrinnere ein. Ob und inwieweit die akustischen Signale an das dazugehörige Gehirn weitergeleitet und ob und inwiefern sie sodann ausgewertet werden, ist variabel, aber eines steht fest: Die Töne gelangen ins Ohr. Bei manch einem Exemplar dringen Töne nicht bis ins Gehirn durch, sondern treten, auf einer Seite, in den Gehörgang ein, um, gleich darauf, auf der anderen Seite, wieder auszutreten. Man spricht dann davon, dass der Hund seine Ohren "auf Durchzug" gestellt hat...

Bei Windhunden ist das gänzlich anders. Windhunde können, völlig willkürlich, eine Art unsichtbaren Schutzschild aktivieren, welcher die Ohrmuschel quasi so umschließt, dass bestimmte Geräusche nichts ans Ohr gelangen können. Dies gilt aber nicht für alle Arten von Tönen. Der Schutzschild ist durchlässig für Erwünschtes,  Unerwünschtes hingegen wird effektiv geblockt, so dass es nicht einmal in die Nähe des Hörorganes vordringen kann. Dieser selektive Tönefilter arbeitet sehr präzise und absolut verlässlich. Ein Wunder der Natur. Die abgeblockten Schallwellen dringen so nicht ins Ohr ein, sondern rauschen ungebremst um den schlanken Schädel herum, um dann ungehört, im Nichts,  zu verhallen.

Die lange, spitze Schnauze des Windhundes dient u.a. auch dazu, herannahende Schallwellen zu brechen, um sie, beidseitig, am Kopf vorbei zu leiten...

Mein Flappes, der Igor, hat seinen Schutzschild so eingestellt, dass er nicht nur nach inhaltlichen Kriterien auswählt, was zu hören er imstande ist und was nicht, sondern er selektiert auch nach Stimmen…

Das äußert sich z.B. so, jeden Tag aufs Neue:

Das Herrchen, welches sich bisweilen dazu berufen fühlt, die Hundemeute hinauszulassen, ob dass sie ihr Geschäft verrichten mögen, kommt zurück zur Haustüre, wo die Spitzrotte bereits wartet und lässt sie wieder herein…

Anschließend ruft er den Flappes… leider vergeblich. Immer wieder ruft er seinen Namen, mal freundlich, mal vielversprechend, mal gereizt, mal streng und am Ende genervt. Er flötet, pfeift, schnalzt mit der Zunge, aber nichts geschieht. Igor ist verschwunden… unsichtbar für das Herrchen.

Manchmal gibt er erst einmal auf, denkt sich, dass Igor evtl. noch nicht fertig ist, mit der Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten…

 

 Igor ist wählerisch, was den Ort betrifft. Die Windrichtung muss stimmen, der Bodenbewuchs auch, und er muss , wenn er sich einmal für einen Teilbereich, im Hinteren des Grundstückes, entschieden hat, die Parzelle erst einmal, mit seiner Wünschelrute ablaufen, damit er nicht versehentlich auf eine Wasserader kackt…

Wohlwissend um diese Eigenart unseres großen, weißen Hundes, zieht das gewissenhafte Herrchen sich also zunächst einmal ins Hausinnere zurück, um dort eine Weile auszuharren, bevor er einen erneuten Versuch startet, den Flappes zurück ins Haus zu zitieren…

Der zweite Versuch verläuft ähnlich, wie der erste:

„Igor!“ trällert er heiter… „Komm!“

„Igooor! … Wo bist Du?“

*flööööt*

„Iiiiiiiigoooor! Komm, mein Flappes!“

*pfeif*

Er klatscht in die Hände….

„Komm, Igor! Zack-Zack!“

„Iiiiiggoooooorrrr! Komm!“

Er stampft mit dem Fuß…

„Komm, du Arsch!“

Und wie immer endet es damit, dass er nach mir ruft, wobei er sein Anliegen, je nachdem, wie er gelaunt ist und wie lange er bereits mit Schallwellen auf Igors Schutzschild geschossen hat, gänzlich unterschiedlich formuliert. Das Spektrum reicht von „Kannst du ihn mal rufen? Er kommt wieder nicht.“ Bis hin zu „Ruf du das verdammte Arschloch!“ Gerne fügt er noch so etwas hinzu wie „Es wird Zeit, dass du diesem Köter endlich Manieren beibringst.“ Oder „Wann gedenkst du eigentlich, mit Igors Erziehung zu beginnen?“

Dann kommt mein kurzer und völlig unspektakulärer Einsatz: Ich muss gar nicht bis zur Haustüre gehen. Ich öffne lediglich das nächstgelegene Fenster, lasse meinen Pfiff erklingen und rufe kurz: „Igooooor! Komm!“

 

Sekunden später steht er vor der Haustüre, mein Flappes... de Mama seine jute Jung  ...

 

 

Das Herrchen kann ihn dann reinlassen.


August 2020:

Über Igor und Jurek, Menschlichkeit und Tierlichkeit und überhaupt…

Sie sind zwar sehr unterschiedlich, aber sie haben einander gern. Igor möchte immer mit Jurek schmusen, was dieser bisweilen auch mitmacht. Toben möchte er aber nicht so gerne mit ihm, es sei denn, Igor läuft vor und er hinterher. Ansonsten tobt er lieber mit der Polle, denn die ist leichter zu bändigen, als der große, lange Flappes...

Sie verbindet so eine Art tolerante Männerfreundschaft, wobei jeder Kompromisse eingehen muss, dies aber offenbar gerne tut, da der jeweils andere ihm augenscheinlich sehr am Herzen zu liegen scheint und man sich seiner Vorzüge durchaus bewusst ist.

Was das Essen betrifft, haben sie den gleichen Geschmack. Und da habe ich dann heute etwas beobachtet, was mich amüsierte, aber auch nachdenklich stimmte:

Ich stellte Igor seine Schale mit Essen hin. Es gab Menschenessen, was er stets begrüßt. Jurek war auch hungrig, und nach einem kurzen Blickwechsel mit Igor, der sich noch im Flundermodus befand, trat er an das Schüsselschen heran und begann, mit Appetit zu fressen. Besonders die Nudeln hatten es ihm angetan. Er verputzte eine nach der anderen...

Igor lag daneben und betrachtete das Ganze, mit sichtlichem Wohlwollen...

Erst als Jurek satt war und sich zur Ruhe begab, stand Igor auf, nahm sein Näpfchen und trug es zu seinem Bett, wo er es abstellte, eine Weile überlegte, Maß nahm, den Inhalt der Schüssel auf Qualität, Menge und Konsistenz überprüfte, sich zweimal im Kreise drehte, um sich schließlich daneben zu legen und genussvoll alles aufzuessen...

Igor ist ein Genießer, ein Gourmet. Auch hier unterscheidet er sich, wie in vielerlei Hinsicht,  von normalen Hunden. Gieriges Schlingen und unbeherrschtes Geifern nach Nahrung sind ihm fremd. Sichtbare Vorfreude auf ein schmackhaftes Mahl oder einen besonderen Leckerbissen zeigt auch er, aber immer so, wie es einem Zarenkind gebührt, beherrscht und irgendwie vornehm. Befände er sich in Gesellschaft eines Rudels jener verfressenen, wandelnden Mägen, die jederzeit bereit sind, Haus, Hof und ihren Menschen zu verraten, für ein Stück Wurst oder einen Knochen, dann würde er sicherlich verhungern... mit Würde und Stolz verhungern, während das niedere Volk, der Mob, sich um das Futter prügelt...

Der kleine Jurek wird ihm immer ähnlicher. Er isst gerne und ist meistens irgendwie hungrig, aber er mag am liebsten ruhig und genussvoll speisen, nicht gehetzt von anderen, die ihm sein Futter neiden und nicht an einem ungemütlichen Ort. Auch isst er nicht sehr schnell. Er weiß, dass er länger etwas davon hat, wenn er sich Zeit lässt...

Nun lag also seine Herrlichkeit auf seinem Hundebett und speiste seelenruhig, als sein kleiner Freund Jurek, nachdem sich das Futter in seinem Bauch etwas gesetzt hatte und er dachte, da ginge vielleicht doch noch etwas rein, an ihn heran trat und ihn anschaute, als wolle er sagen "Bekomme ich auch noch etwas?"

Igors Antwort war deutlich, aber frei von jedem Groll. Er schaute Jurek nur kurz an... ganz kurz, aber die Botschaft war eindeutig und unmissverständlich: "Du hattest deine Chance." lautete sie... "Und nun möchte ich in Ruhe weiter essen."

Jurek nahm es ihm nicht übel. Schließlich hatte er eigentlich bereits genug gegessen. Er war pappsatt, aber es war doch so lecker. Wir alle kennen das, nicht wahr? ;-)

Der Kleine zog sich zurück, legte sich auf die kühlen Fliesen, das Köpfchen auf die Pfötchen und schloss müde seine Augen. 

Igor widmete sich wieder seinem Schüsselchen und pulte zuerst die besten Stücke heraus. Nach einer Weile war aber alles weg und das Näpfchen sauber, wie gespült...

 

Am Ende lagen beide gemeinsam auf den Fliesen, deren Kühle ihnen wohl tat… dicht bei einander… dicht genug, um zusammen zu sein… aber nicht so dicht, dass einer den anderen mit seiner Körperwärme hätte stören können…

Ich schaute in zwei zufriedene Gesichter… in ein kleines und ein großes… in das eines kleinen, blonden Fuchses und in das eines gelockten XXL-Ameisenbären. Gemeinsam genossen sie die wohltuende Zugluft, die über sie hinweg strich, das gute Gefühl, satt zu sein und die Zweisamkeit…

 

Ich liebe es, diese kleinen, alltäglichen Situationen zu beobachten, zu sehen, wie die Vierbeiner miteinander umgehen. 

 

Sie unterscheiden sich nicht so sehr von uns Menschen, auch wenn der gemeine Mensch sich gerne einredet, über den Tieren zu stehen, ein höheres Wesen zu sein, von herausragender Intelligenz und vor allem weniger von Instinkten, als vom Verstand gesteuert...

Große Menschen bringen kleinen Menschen Manieren bei, eiserne Regeln zwischenmenschlichen Miteinanders, die, sofern man sie einhält, vortäuschen, dass man sich nicht nur zu beherrschen wüsste, sondern darüber hinaus selbstlos und edel sei. In Wahrheit aber ist der Mensch ein Raubtier, immer darauf aus, sich das dickste Stück vom Kuchen abzuschneiden. Daran können ihn auch die noch so guten Manieren nicht hindern. 

Einzig der Respekt vor einzelnen Artgenossen oder die Liebe, die Solidarität oder das Mitgefühl veranlassen Menschen dazu, das zu sein, was wir „menschlich“ nennen…

Diese „Menschlichkeit“ sehe ich aber auch bei den Tieren. Sie sind nicht nur die triebgesteuerten Organismen, die ununterbrochen danach trachten, für sich und die eigene Brut Nahrungsressourcen zu sichern. Mag sein, dass sie so sind, wenn sie ums Überleben kämpfen, ebenso, wie der Mensch, aber jene, die um ihr Durchkommen nicht bangen müssen, zeigen sich mitunter außerordentlich duldsam und großzügig, untereinander. 

 

Da sind sie uns ähnlich, nicht wahr? Der Mensch ist nicht besser, als das Tier, egal, wie zivilisiert und wie nobel er sich auch verhalten mag. 

Manch eine edle Geste basiert nämlich hauptsächlich auf der Tatsache, dass es der betreffenden Person gerade so gut geht, dass sie sich Solidarität, Hilfsbereitschaft und Großzügigkeit locker leisten kann. Werden die Zeiten schlecht, wird der Mensch zur Bestie. Man sieht es immer wieder. Es gibt keine Notlage, die nicht irgendein Halunke für seine Zwecke missbraucht, kein Drama, von dem nicht irgendwer profitiert und keinen Ausnahmezustand, in dem nicht geklaut und geplündert wird. 

Menschen sind Tiere… Tiere, die abstrakt zu denken imstande sind und dennoch alles zerstören, die ihre eigene Lebensgrundlage, ihren Lebensraum, ihre Welt kaputtmachen. Menschen wollen alles haben, und die, die schon alles besitzen, wollen noch immer mehr…

Aber es gibt auch immer noch das Gute in uns, die Liebe, den Respekt, die Menschlichkeit…

Ich, für meinen bescheidenen Teil, bin glücklich darüber, dass der Mensch nicht die einzige denkende und fühlende Art, auf dieser Erde, ist. Und ich danke unserem Herrgott dafür, dass er mir die Gabe verlieh, das Schöne, das Liebenswerte, das Menschliche, das Lustige und das Verrückte, in all den Wesen, die mich umgeben, zu sehen. ..


Juni 2020:
Über Igor und Menschen, die etwas von Hunden verstehen

Einen Hund mit sich zu führen, dessen Äußeres ein wenig exotisch anmutet, der nicht einer Rasse angehört, von der in jedem Dorf ein Dutzend Exemplare herumlaufen, erregt Aufsehen und ruft die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Und wann immer ich mit Igor unterwegs bin und fremden Menschen begegne, kommen irgendwelche Kommentare, seitens diverser Leute, über meinen Flappes.

Hierbei unterscheide ich zwischen zu mir gesagten Dingen und jenen, die man sich zutuschelt oder teils auch deutlich hörbar sagt, ohne meiner Person auch nur die leiseste Beachtung zu schenken. Manche Menschen haben halt keine Manieren oder/und denken, alle anderen seien taub.
Meistens werde ich aber angesprochen. Der mit Abstand am häufigsten gehörte Satz ist zweifellos "Oh, ein Afghane!", gefolgt von "Ist da Windhund mit drin?" und "Collies in dieser Farbe sieht man aber selten!" Dazu kommen Sprüche wie "Warum hat eine so kleine Frau einen so großen Hund?", "Der braucht aber sicher viel Auslauf!" und nicht zuletzt "Der war bestimmt teuer!"

Es gibt auch Experten, die mit mir diskutieren oder mich gar belehren. Ich erinnere mich z.B. immer wieder gerne an jenen Herrn, der sich, in meinem Beisein, vor seiner Partnerin als Hundefachmann darstellte und mich über die rassetypischen Merkmale von Collies in Kenntnis setzte, wobei er nicht unerwähnt ließ, dass Igor kein sehr typvolles Exemplar sei, denn seine Beine seien zu lang und er habe einen zu hohen Weißanteil. In jeder noch so guten Zucht gäbe es, so erklärte er seiner Liebsten, Ausschuss, der dann billig und oft ohne Papiere, abgegeben würde...

Ein anderer Mann, eigentlich wirkte er gar nicht so bildungsfern, belehrte mich, mit erhobenem Zeigefinger, dass so ein Afghane niemals zu laufen aufhöre. Einmal in Bewegung gesetzt, laufen diese Hunde, so seine Überzeugung, bis sie tot umfallen. Ich solle auf der Hut sein, lautete sein wohlgemeinter Rat. Ich verzichtete darauf, mit ihm über den Wahrheitsgehalt dieser These zu debattieren und beschränkte mich lediglich darauf, zu erwähnen, dass Igor kein Afghane sei, sondern ein Barsoi... ein russischer Windhund. Seine Antwort kam spontan und ließ mich abrupt verstummen: "Ja, die Afghanen sind eine sehr alte und beliebte Rasse. Kann schon sein, dass die in Russland auch gezüchtet werden."

Eine Frau sprach mich an, was denn der Hund für eine Mischung wäre, und nachdem ich gesagt hatte, es handele sich um einen Barsoi, verzog sie nur mitleidig das Gesicht, wandte sich von mir ab und raunte, gut hörbar, ihrer Begleiterin zu "Die meint, wenn sie sich irgendeinen Namen ausdenkt, den keiner kennt, dann denkt man, das ist ein Echter!"

Generell lustig sind die Kommis, die quasi hinter dem Rücken geäußert werden. Da gibt´s durchaus nette Sachen, wie "Hast du den Hund gesehen? Schööön!" oder "Boah, was für ein edles Tier!", aber auch andere. "Guck mal! Die hat ein Schaf an der Leine!" ist noch das Netteste, bislang. "Angeberköter!", "Komische Töle!", "Nasenbär", "Wandelnder Flokati-Teppich" oder "Riesenwischmopp!" wurde er auch schon genannt.

Aber auch hier tummeln sich die Experten, die Kenner der Hundezucht, denen keiner etwas vormachen kann. So erntete Igor bereits Blicke voller Mitgefühl. "Diese Hunde müssen bei Rennen mitlaufen, und wenn die nicht gewinnen, kriegen die nix zu fressen. Deshalb sind die auch so dünn." erfuhr ich, im Vorbeigehen. So moppsig, wie mein Igor ist, muss er also bislang nahezu jedes Rennen gewonnen haben.

"Guck dir den an! Der hat ja Fischrücken!" meinte eine Frau erschrocken und angewidert zugleich, woraufhin ihr Partner erklärte, das läge an der Überzüchtung.

Meine Lieblingsbegegnung aber waren jene zwei Hundefreundinnen, am Parchimer Wockersee, deren Fachwissen mich fast dazu brachte, in die Hose zu pinkeln, vor Lachen. "Also..." meinte die Eine, kaum dass sie an mir, Igor, Polle und Moppe, vorbei waren. "...Die zwei Chihuahuas sind zwar ein bisschen groß geraten, aber irgendwie süß. Aber der Afghaaaane! Der sieht ja total angefressen aus!"

Ebenfalls niedlich waren der Opa, der seine Enkelin belehrte "Das ist ein Herdenschutzhund. Der gehört eigentlich zu den Schafen." und die ältere Dame, die staunend stehenblieb, als ich an ihr vorbei ging und dann einen fremden, jungen Mann ansprach, um ihm zu erklären, dass man solch einen Hund aber jeden Tag ordentlich bürsten müsse. "Ordentlich! Sonst verkommt der!

Heute wurde ich auch wieder angesprochen, aber es war wenig spektakulär. Ich bekam Komplimente über den schönen Hund, was mich freute und auch ein wenig mit Stolz erfüllte, und dann kam das, was ich schon so oft gehört habe: "Der muss aber sicher irrsinnig viel laufen, jeden Tag, oder?" Und ich erklärte wieder, zum gefühlten 1876sten Mal, dass ein ordentlicher Sprint am Tag diesen Hunden reicht und dass sie ansonsten eigentlich so ziemlich die gemütlichsten Lebewesen sind, die man sich vorstellen kann...

Als ich, in früheren Jahren, mit einem stylischen Duo, bestehend aus zwei Großpudeldamen, eine weiß und eine schwarz, unterwegs war, habe ich schon viel zu hören bekommen... Gutes und Schlechtes, Beleidigendes und wundervolle Komplimente, aber seitdem ich Igor habe, gibt es keine langweiligen Spaziergänge mehr. Ich könnte mich regelmäßig kaputtlachen.

Nach anfänglichen Versuchen, Dinge richtig zu stellen oder Vorurteile zu korrigieren, was teils wirklich in ernsthafte Debatten ausartete, ziehe ich es heute vor, die Experten einfach dumm sterben zu lassen. Den netten Leuten sage ich gerne etwas zu meinem Hund. Ich möchte ja auch ein wenig dazu beitragen, dass die Rasse etwas bekannter wird und Vorbehalte gegen Windhunde entschärft werden, aber die Vielen, die weder Manieren, noch Ahnung haben, wovon sie reden, belasse ich in ihrem Irrglauben und lache sie einfach aus.

Seitdem ich es so handhabe, kann ich es kaum abwarten, dem nächsten "Fachmann" zu begegnen. Es ist mir jedes Mal eine Freude!


Juni 2021:
Möppi und der Kühlschrank

Wenn man durch die Küchentür tritt, ist gleich, als erstes, linke Seite, der Kühlschrank...
Möppi schafft es, ganz dezent, in der Ecke, unterhalb des Kühlschrankes, zu sitzen, ohne dass man auf sie drauf tritt oder dass sie irgendwie stört. Sie drückt sich regelrecht mit dem Rücken gegen die Wand, so dass sich keinerlei Anlass bietet, sie von dort fort zu schicken. Sie stört ja nicht. Und betteln tut sie auch nicht...
Jawohl, das Möppen bettelt nicht, denn es wurde, von mir, mit strenger Hand, erzogen.
Aber sie klebt, wie ein Brett, rücklings an der Tapete, an der Wand, seitlich unter dem Kühlschrank, und schaut mich jedes Mal hoffnungsvoll an, wenn ich mich dem Kühlschrank nähere. Ihre kleinen, schwarzen Augen leuchten dann voller Vorfreude, auf das, was evtl. für sie abfallen könnte, und das ganze kleine, rote Gesichtchen strahlt mich an...
Sie gibt keine Töne von sich, kein Fiepen, kein Jappen, kein Hecheln. Sie nervt auch nicht herum, rennt mir nicht vor die Füße und macht keine Faxen. Sie steht nur da, mit dem Rücken zur Wand, und sieht niedlich aus... so unbeschreiblich niedlich, dass mir das Herz schier überläuft...
Oft schaue ich in den Kühlschrank, dann fällt mein Blick rasch auf die kleine Rote, zu meinen Füßen, die mich freudig anlächelt. Dann nehme ich eine Scheibe Wurst heraus, Schinken, Käse oder was es sonst so gibt. Ich falte die Scheibe oder rolle sie zu einer Zigarre, reiche sie herab, zu dem dezent an der Tapete haftenden, kleinen, roten Kichergesicht, und sie hockt da, einem Erdmännchen gleich und wartet brav auf ihr Passwort. Kaum hab ich´s ausgesprochen, da verwandelt sich das Kichergesicht in einen roten, flauschigen Piranha. "Schnapp!", und die Wurst ist weg...
Manchmal finden sich, im Inneren des Kühlschrankes, ganze Frikadellen, Würstchen oder Fleischstücke. Wenn Möppi so etwas in meiner Hand sieht, gulpt sie. Gulpen, das bedeutet laut schlucken. Sie ist dann ganz aufgeregt, denn sie hatte auf eine Scheibe Wurst gehofft, maximal auf Schinken, aber wenn es dann eine ganze Bockwurst gibt, dann ist das quasi der Jackpot für sie...
Scheiben werden sofort verschlungen. Eine ganze Wurst wird zum Korb getragen und dort in Ruhe verzehrt. Danach liegt Möppi, sehr zufrieden, in ihrem Bürokorb. Sie liegt auf dem Rücken. Ihre Füße ragen in die Luft...
An manchen Tagen gibt es nichts aus dem Kühlschrank, denn ich habe nichts Passendes da oder sie hat, an dem Tag, bereits genug gegessen. Möppi ist wohl genährt. Da muss man ein wenig Obacht geben...
An den Tagen, an denen es nichts gibt, wartet sie eine Weile ab, geht dann, mit hängender Rute, zu ihrem Korb, in den sie sich legt, um zu schlafen. Sie rollt sich zusammen, zu einer kleinen, plüschigen, feuerroten Kugel, aus der eine schwarze Nase heraus ragt...
Sie ist nicht böse oder beleidigt, wenn sie nichts bekommt. Das merke ich, sobald ich mich anschicke, meinen Schreibtischplatz zu verlassen und die Treppe hinab zu steigen. Dann steht sie neben mir, bei der Treppe, schaut mich fröhlich an und tritt einen Schritt zurück, um zu warten. Erst geht die Mama runter, dann das Möppen. So hat sie´s gelernt, und so macht sie es, aufmerksam und vorbildlich...
Und ihr hübsches, rotes Gesicht ist voller Stolz, wenn sie unten ankommt und ein kleines Wort des Lobes bekommt...

November 2019:
Jurek und die Sache mit dem Bein...
Mit seinen knapp 6 Monaten hält er sich bereits für einen ganzen Kerl und gibt sich redlich Mühe, weniger ein halbwüchsiger Welpe, als ein Mann, zu sein...
So ist es für ihn auch selbstverständlich, dass er, wenn wir unterwegs sind, die Duftmarken anderer Rüden aufspürt, genauestens analysiert und, damit auch jeder weiß, wer hier der Obermacker ist, gründlichst überpinkelt.
Jetzt wäre es natürlich albern, ja geradezu mädchenhaft, wenn er dies täte, ohne dabei ein Bein zu heben. Schließlich kann man, mit gehobenem Bein, höher pinkeln.
Hoch zu pinkeln ist wichtig, damit die anderen Analytiker, die Jureks Hoheitsgebiet durchstreifen, gleich wissen, dass er einer von den ganz Großen ist. Hierbei reden wir selbstverständlich von geistiger Größe... von Reife... von Tapferkeit und einem hohen Rang. Niemand soll auch nur den geringsten Zweifel daran haben, dass er hier im Revier eines richtig "hohen Tieres" ist oder gar auf den abwegigen Gedanken kommen, seine Herrlichkeit sei evtl. von kleinem Wuchs...
Jurek schnüffelt also an besagter Stelle und macht sich ein Bild davon, wem alles er nun, mittels Pipimarke, Respekt einflößen muss. Dann dreht er sich so lange hin und her, bis er ein Ziel anvisiert hat, auf dass er seinen informationsreichen Strahl zu richten gedenkt und hebt schließlich das Bein, so hoch er kann...
Leider geschah es anfangs nur allzu oft, dass er, wenn sein Beinchen eine bestimmte Höhe überschritten hatte, besonders auf unebenem Boden, das Gleichgewicht verlor und die Operation Zielpinkeln vorerst abbrechen musste, um seinen wankenden Körper aufzufangen, damit er nicht, einem törichten Welpen gleich, auf der Seite landete...
Nun ist Jurek zwar klein, aber er ist nicht dumm.
Deshalb entwickelte er nunmehr eine Strategie, wie er, bei minimaler Sturzgefahr und ohne größere Bemühungen, die maximale Pinkelhöhe erreichen kann:
Er tritt seitlich an den zu markierenden Gegenstand, wie z.B. Baumstamm, heran, hebt das Bein und setzt die Pfote seitlich an den Gegenstand, so dass er sich bequem daran anlehnen kann. Dann prüft er seine Standfestigkeit. Ist sie zufriedenstellend, wippt er leicht hin und her, wobei er, bei jedem Wippen, seine Pfote ein wenig höher plaziert. So bekommt er das Bein schon ganz schön hoch. Hat er die maximale Höhe erreicht, setzt er seine Marke und nimmt das Beinchen wieder herunter, da er ja jetzt gründlich am Boden scharren muss. Nur wer ordentlich scharrt, wird ernst genommen. Jurek weiß das. Er ist ja kein Kind mehr...
Anfangs bewunderte er anschließend noch einmal sein Werk, indem er eine Geruchsprobe nahm, die Scharrspuren noch einmal kritisch betrachtete, um sich dann, mit sichtlich zufriedener Mine, auf den Weg zu machen...
Nun hat er das nicht mehr nötig. Er weiß, dass er es drauf hat. Ein erfahrener Rüde, wie er, muss nicht überprüfen, ob er alles richtig gemacht hat. Er markiert, scharrt, nimmt eine heroische Haltung an und marschiert, stramm, wie ein Wehrmachtssoldat, weiter seines Weges...

Januar 2020:

Kloruhe

Meine Hunde wissen eigentlich genau, dass sie mich auf der Toilette nicht zu behelligen haben. Wenn ich mich dort niederlasse, möchte ich nicht gestört werden, auch nicht von einem Hund.

Nun… bezüglich dessen, was meine Hunde alles nicht dürfen und dennoch tun, will ich mich nicht näher äußern, denn das würde den Eindruck erwecken, hier herrsche Anarchie. Aber diese Sache mit der… ich nenne es mal… ganz salopp… Kloruhe ist ein Thema, das Erwähnung zu finden wert ist.

Auf dem Pott will ich meine Ruhe haben, verdammt noch mal! Das gilt für alle! Auch für die Moppe! Basta! Und ich kenne da auch kein Pardon. Wer mit der Nase die Türe aufstupst und mich nervt, der bekommt meinen verheerenden Zorn zu spüren. Dem zische ich, mit scharfem Ton, entgegen „Aaaab!“ und wenn das nicht hilft, noch „Raus! Aber zackig!“

Möppi, der wunderbarste aller Hunde, ist deshalb so wunderbar, weil sie klug ist… klug und einfallsreich, und so kommt sie immer wieder auf neue Ideen, wie sie sich ins Badezimmer schleichen kann, wenn ich auf meinem Thron hocke, leise Reden ans Volk halte und darauf bestehe, nur im äußersten Notfall gestört zu werden.

Einer ihrer Tricks war der, dass sie sich ein Maul voll Trockenfutter holte und damit ins Badezimmer kam. Sie stolzierte, ganz selbstverständlich, herein, legte sich, vor der Dusche, nieder und ließ die kleinen Klümpchen, so klitter-klatter, auf den Boden fallen. Dann begann sie, sie langsam und genüsslich zu verzehren, eines nach dem anderen, mit Pausen dazwischen, in denen sie mich lange und sehr aufmerksam anschaute…

Ich saß auf dem Klo und fühlte mich angeschaut. Dies missfiel mir, und ich schickte das Möppen von dannen. Es erhob sich alsdann, verließ den Raum, in geduckter Haltung, einem geprügelten Kojoten gleich, mit gesenktem Haupt, hängenden Ohren und ebensolcher Rute. Zurück blieb ein Häufchen kleiner, brauner Kügelchen. Das wiederum gefiel mir nun auch nicht, denn ich hatte wenig Lust, nach der Sitzung auf der Toilette, das Futter aufzunehmen und es zum Napf zu tragen. Zum Wegwerfen ist es zu schade. Was tat ich also? Ich rief das Möppen wieder herein und wies es an, die Futterklümpchen gefälligst aufzufressen.

Ich hatte ihren Namen noch nicht ganz ausgesprochen, da stand sie schon da. Sie muss direkt hinter der Klotüre gewartet haben. Unverzüglich begab sie sich zu ihrem alten Platz, legte sich hin und begann, langsam und genussvoll, eines nach dem anderen zu fressen… mit Pausen dazwischen… Pausen, in denen sie mich lange und sehr aufmerksam anschaute.

Ich sah mir das einige Male an, bis es mir gelang, sie, direkt beim Hereinkommen, quasi umzuleiten, indem ich sie sofort scharf anbellte: „Abmarsch!“

Ihr nächster Plan war auch nicht übel: Sie stürmte, forschen Schrittes, herein, kam direkt auf mich zu und sprang mich an… wieder und wieder. Dann rannte sie zur Türe, als wolle sie mir etwas zeigen, kam wieder zurück, richtete sich vor mir auf, schrabbelte mit den Vorderpfoten an meinen Knien herum und lief wieder zur Türe. Ich war sicher, der gute, treue, kleine, rote Hund will mich auf etwas Wichtiges aufmerksam machen und sah zu, dass ich so schnell, wie möglich, vom Topf runter kam, um nachzusehen, was denn los ist…

Möppi rannte, vor mir her, ins Wohnzimmer und zur Terrassentüre. Dort stellte sie sich hin und kläffte nach draußen… wo nichts war… nichts außer dem, was dort immer ist. Ich ging davon aus, dass aber etwas da gewesen war, als sie zu mir kam, um mich vom Klo zu holen… vielleicht eine feindliche Katze, ein Waschbär oder ein Nachbar…

Nachdem ich einige Male aufgesprungen und ins Wohnzimmer gerannt war, um dann auf eine Terrasse zu starren, auf der nichts Außergewöhnliches geschah, blieb ich irgendwann einfach sitzen. Möppi stürmte herein, zog ihre Alarm-Nummer ab, und ich reagierte genau so, wie sie es wollte: Ich blieb, wo ich war und sprach zu meinem kleinen, roten Hund: „Warte Möppi!“ Das tat sie gerne. Sie drehte sich um, begab sich zu dem Platz vor der Dusche, legte sich dort hin und richtete ihren wachen und aufmerksamen Blick auf mich… ununterbrochen…

Als das nicht mehr funktionierte, begann sie, mir meine verlorenen Taschentücher zurück zu bringen. Ich weiß nicht, wo sie die dann plötzlich her hatte. Sie musste sie irgendwo gebunkert haben, um sie, bei Bedarf, hervorzuholen und sie mir zurück zu bringen. Ich war von dieser drolligen Geste jedes Mal so verzückt, dass man es mir wohl ansehen konnte. Und so freute sich der kleine, pfiffige, rote Hund, drehte sich einige Male im Kreis und sprang, mit einem gekonnten Satz, auf meinen Schoss.

Da saß ich dann… mit heruntergelassener Hose… auf dem Klo… mit einem Hund auf dem Schoss…

Ich brachte es erst nicht übers Herz, sie fortzuschicken, woraufhin ich dann, zugegebenermaßen etwas gemein und tückisch, versuchte, sie loszuwerden, indem ich meine Beine… erst beide gleichzeitig und dann abwechselnd… auf und ab wippen ließ, so, wie es Mütter mit ihren Kindern machen, beim „Hoppe-Hoppe-Reiter“. Ich war verblüfft darüber, wie lange so ein Möppen sich auf dem Schoss halten kann, bevor es abspringen muss, weil es den Halt verliert. An ihr ist ein Rodeo-Star verloren gegangen…

Als Polle in unser Leben kam, war Schluss damit, da die Polle jedes Taschentuch, welches sie kriegen konnte, zu Konfetti verarbeitete. Möppi ist also quasi die Munition ausgegangen.

Als nächstes versuchte sie es mit der Catering-Nummer:

Sie brachte mir Leckereien zur Toilette hin. Mal war es ein Stück getrockneter Pansen, mal ein angenagter Hundekuchen, mal ein Rinderohr und mal ein paar Zentimeter Ochsenziemer…

Sie legte mir das Leckerli einfach in den Schoss, trat ein paar Schritte zurück und schaute mich, in freudiger Erwartung, an. Ich mag Hunde nur ungern enttäuschen, und so tat ich so, als äße ich etwas davon, bevor ich es ihr zurück gab. Möppi war überglücklich. Ihr Geschenk war gut angekommen, ich hatte mich gefreut, davon gegessen und, was noch das Beste war, ihr etwas übrig gelassen.

Sie bezog, sehr zufrieden, ihren Platz vor der Dusche und kaute auf ihrem Leckerbissen herum. Hin und wieder hielt sie inne, um mich, freudig strahlend, anzuschauen… lange und sehr intensiv…

Nachdem es mir gelungen war, durch geschicktes Timing, den roten Rosinenbomber, direkt an der Türe, abzufangen und zurück zu schicken, noch bevor er zum Landeanflug angesetzt hatte, musste sie eine neue Taktik ausarbeiten…

Möppi versuchte sodann, mich auf ein Spiel einzuladen.

Wieder kam sie, ganz zielstrebig, zur Türe herein, stapfte auf mich zu und legte mir, noch bevor ich etwas sagen konnte, einen kleinen Ball vor die Füße. Ich warf ihn, durch die geöffnete Türe, in den Flur und sagte „Jetzt nicht!“ Möppi wollte gerade hinterher sausen, um den Ball zurück zu bringen, hielt aber dann inne, schaute mich an, zwinkerte mir zu, als wolle sie sagen „Ok… Ich verstehe.“ und bezog Stellung, vor der Dusche…

Ich schickte sie hinaus.

Beim nächsten Mal warf ich den Ball nicht in den Flur, sondern ließ ihn einfach liegen. Möppi schickte ich fort…

Nun wurden die Spielzeuge, die sie brachte, immer größer. Nach den kleinen Bällchen kamen größere, dann die Strickbälle, dann die Mäuse, dann die Ratten, dann das Einhorn, dann der Leopard…

Ich schob sie achtlos, mit dem Fuß, beiseite und verbannte das Möppen aus dem Bad.

Heute Morgen saß ich wieder einmal dort, müde und mit Schmerzen und bereitete mich mental darauf vor, gleich hinaus zu gehen, in den kalten Wind und den strömenden Regen, um den Paddock abzuäppeln und die Pferde zu versorgen, obwohl ich doch viel lieber auf dem Sofa liegen und Fernsehen gucken würde…

Da stieß sie, ächzend und keuchend, mit dem Hinterteil die Klotüre auf, kam rückwärts ins Bad und zerrte das größte aller Spielzeuge hinein.

Es ist so ein komisches, pilzförmiges Männchen, außen aus Stoff und innen stramm befüllt mit Irgendwas. Es ist fast so groß, wie Möppi selbst und auch nicht gerade leicht.

Eigentlich habe ich es für Igor gekauft, denn für die Möppense ist es viel zu groß.

Der verwegene, kleine, feuerrote Hund hatte das Riesending, aus der Spielzeugkiste, ausgegraben und, unter Aufwand all ihrer Kräfte, zum Klo gezerrt, weil sie sich wohl erhoffte, bei so einem dicken Mitbringsel könne ich sie nicht abweisen…

Aber ich blieb hart…

Konsequenz ist schließlich alles, in der Hundeerziehung…

Ohne geht es nicht!

Sonst machen die Biester, was sie wollen…

 Ich richtete also mein strenges Wort an den ungezogenen, kleinen, roten Köter.

„Möppi!“ sprach ich… „Möppi! So geht es nicht! Wenn die Mama auf dem Klo sitzt, dann hast Du Sendepause. Verstanden?“

 

 

Möppi, die auf meinem Schoss saß, drehte den Kopf zu mir um und zwinkerte mir zu. Ihr kleines, feuerrotes Gesichtchen lachte mich an, und ihre schwarzen Mandelaugen strahlten, während die spitzen, dreieckigen Ohren aufmerksam meinen Ausführungen lauschten…


April 2019:

Des Igor´s Wille
Wir kamen vom Einkaufen zurück... spät... War schon dunkel...

Wir räumten, emsig, wie die Ameisen, den Kofferraum leer und trugen alles ins Haus...
Dann ließ ich die Hunde raus..
Sie waren zuhause geblieben...
Der Kofferraum stand noch offen...
Igor, erbost darüber, nicht mitgenommen worden zu sein, stürzte aus dem Haus, ohne mich eines Blickes zu würdigen, rannte zum Auto und sprang, schneller, als man gucken konnte, in den, mittlerweile leeren, Kofferraum...
Wir liefen ebenfalls zum Auto und forderten ihn auf, selbiges wieder zu verlassen. Aber Igor sah das nicht ein. Igor wollte Auto fahren...
Er stand da und hielt Ausschau nach Maruschka, welche den Wagen, einem Geier gleich, umkreiste...
Wir machten natürlich keinerlei Anstalten, noch einen weiteren Hund ins Auto zu laden, bemühten uns viel mehr, den bereits darin befindlichen wieder los zu werden...
Dieser reagierte weder auf freundliche Bitten, noch auf motivierende Zurufe, noch auf gestenreiche, nonverbale Signale...
Nachdem Igor begriffen hatte, dass Maruschka nicht mit einsteigen würde, drehte er sich mehrmals im Kreis und machte es sich schließlich gemütlich...
Wir turnten, wie zwei Kasper, vor dem Kofferraum herum, in dem ein hagerer, großer, weißer Hund sich, behaglich grunzend, auf eine längere Spazierfahrt einrichtete...
Wir versuchten, durch plötzliches Davonrennen, ihn dazu zu bewegen, uns zu folgen. Igor räkelte sich...
Ich jonglierte, vor seinen Augen, seinen Lieblingsball und warf ihn dann fort. "Bring!" rief ich...
Igor fand seinen Auto-Kauknochen und begann, ihn zu benagen...
Das Herrchen baute sich vor ihm auf, kerzengerade und imposant, wie ein hochdekorierter Befehlshaber, und befahl im, mit militärischer Strenge, unverzüglich auszusteigen, was Igor, ein überzeugter Pazifist, geflissentlich ignorierte...
Als wir schließlich dazu übergingen, an ihm herum zu zerren, verkeilte er sich, mit seinen langen Tentakeln, so geschickt im Kofferraum, dass er darin feststeckte, wie ein Dübel, in der Wand...
Er löste die Verankerung auch nur zögerlich, als wir von ihm abließen, das Herrchen sich weinend zu Boden warf und ich, als letzten Versuch gelebter Diplomatie, einen Beutel mit Leckerbissen herbei holte...
Einen Hundekuchen wollte er nicht, aber die Pansenstange nahm er gerne. Während er kaute, tat er, durch Blicke, kund, dass ich den Kofferraum nun schließen und losfahren könne. Er sei reisefertig...
Seinen Platz, im Auto, für eine weitere Pansenstange, zu verlassen, sei er nicht bereit, verkündete er...
Wir berieten uns...
Am Ende schritten wir beherzt auf das Auto zu, packten den Flappes, gleichzeitig hinten und vorn, und hoben in aus dem Kofferraum...
Der erforderliche Kraftaufwand war nicht unerheblich, sein Jaulen und Wimmern auch nicht...
Das Bild, das wir abgaben, glich wahrscheinlich dem von zwei Polizisten, die einen renitenten Demonstranten davontragen...
Ich hielt ihn, am Halsband, fest, während das Herrchen die Heckklappe zuschlug...
Igor schluckte, schaute mir tief und vorwurfsvoll in die Augen und ging von dannen.


August 2018:

Der Igor...

Er ist schon sehr speziell, mein Flappes.

Im Moment kommt er wohl ein wenig zu kurz, denn ich hab viel zu tun, und für lange Spaziergänge ist es zu warm. Er begleitet mich draußen, bei meiner alltäglichen Arbeit, auf Schritt und Tritt, und für ein Spielchen ist auch immer Zeit, jedoch gibt es etwas, was ihn unendlich schmerzt:

Er darf, im Moment, nur selten einmal im Auto mitfahren, obwohl er es so sehr liebt. Er würde ja geschmort, da drinne, sobald ich parke und die Klimaanlage ausgeht. Aber erklär das mal einem Hund, der denkt, man will ihn nicht mit dabei haben...

In der Türe ist eine Glasscheibe, und Igor kann mir hinterher gucken, wenn ich ohne ihn weggehe. Und das tut er auch. Er begleitet mich bis zur Türe, unternimmt dort einen letzten Versuch, mich davon zu überzeugen, dass es mit ihm viel schöner ist, als ohne ihn, und schaut schließlich, mit gebrochenem Blick, gesenktem Haupt und rhythmisch die Backen aufpustend, hinter mir her.

Und wenn ich ihn dann, beim Heimkommen, begrüße, dann muss ich genau darauf achten, dass er angemessen begrüßt wird, sonst ist seine Laune ganz hinüber.

Igor steht dann vor mir, mit einem Blick, der eine klare Sprache spricht. "Du liebst mich nicht mehr!" sagt sein Blick.

Nun heißt es: Igoren-Spezial-Begrüßung anwenden!

Normalen Hunden reicht es, wenn man sie, freudig mit dem Hintern wackelnd, anspricht, ihren Kopf kurz mit den Händen durchwuselt oder sie wenigstens kumpelhaft klopft. Kleine Hunde wollen mal kurz auf den Arm... naja... Aber auch da reicht ein Knuddeln, ein wenig Freudengeheul und Getanze, um den Hund in äußerste Ekstase zu versetzen...

 

Bei Igor zieht das nicht. Igor möchte, dass man innehält, alles aus den Händen legt, gestenreich seine Wiedersehensfreude untermalt, ihm beide Arme um den Leib schlingt, um ihn leidenschaftlich zu umarmen, was er selig seufzend und sich gurrend anschmiegend, honoriert, und ihm immer wieder sagt "Igor! Mein Schatz! Mein Flappes! Mein Liebling! Mama seine jute Igor!" Das gefällt ihm. Am Ende, und das ist wichtig, muss man ihm noch einen dicken Kuss mittig auf seinen Kopf platzieren, damit die Botschaft "Mama hat Dich lieb!" auch wirklich bis in die Tiefen seines Gehirnes vordringt...


September 2016:
Möppis größter Schatz

Das Möppen, dieser kleine, gewitzte, feuerrote Hund, hat einen ganz persönlichen Schatz, etwas was ihr sehr viel bedeutet... etwas, was sie hütet, wie ihren Augapfel…

Unsere Hunde bekommen öfters Knochen, zum knabbern, und da nicht jeder Knochen komplett essbar ist, liegen bei uns im Hof immer irgendwelche nackten Knochen herum. Sobald die letzte Fleischfaser abgenagt ist, die begehrten Knorpel gründlich entfernt und das Mark herausgelutscht, werden die Knochen uninteressant für die Hunde und verschandelieren lediglich unseren, sowieso schon sehr chaotischen, Hof. Wir sammeln sie regelmäßig ein und entsorgen sie in der Mülltonne, aber da sie ja immer wieder neue Knochen bekommen, die sie sorgfältig abnagen, liegen immer wieder welche herum, die jedoch allesamt, früher oder später, im Müll landen. Es soll hier ja nicht aussehen, als sei eine Bombe auf einen Soldatenfriedhof gefallen…


Einen hässlichen, kleinen Knochen haben wir bislang nicht weggeworfen, obwohl er schon etwas älter ist und ziemlich fies aussieht. Es ist nicht irgendein Knochen sondern Möppen´s Knochen. Sie hat ihn zu ihrem Lieblingsknochen auserkoren, und obwohl sie zwischenzeitig etliche andere Knochen benagt hat, zaubert sie diesen einen immer wieder von irgendwoher hervor und knurpselt daran herum. Hat sie genug geknabbert oder wird sie gerufen, dann lässt sie ihren ollen, kleinen Knochen erst einmal verschwinden. Noch nie hat sie ihn einfach so irgendwo liegen gelassen. Wo genau sie das gute Stück aufbewahrt, wissen nur sie und unser Herrgott, der alles sieht und alles weiß…


Nähert sich einer der Pudel dem kleinen, roten Hund, so wird der hässliche, kleine, alte Knochen mit strengem Blick verteidigt. Niemand darf an dem Knochen auch nur riechen. Möppi hat die Exklusivrechte an dem Ding, und da sich das Interesse der Pudel daran doch sehr in Grenzen hält, gehe ich davon aus, dass auch nur sie, das Möppen, um den Wert des Knochens weiß. Für alle anderen ist es nur ein Knochen, ein alter, fieser noch dazu. Nicht ein Fetzen Fleisch hängt noch an ihm, nichts was man abnagen könnte. Aber für den kleinen, roten Hund ist der kleine, hässliche  Knochen anscheinend etwas von großem, ideellen Wert…


Manchmal gelingt es ihr, den Knochen, spät am Abend, wenn es längst dunkel ist und wir sie, durch die Terrassentüre, noch einmal hinaus lassen, um zu pieschern, ins Haus zu schmuggeln. Knochen ins Haus zu tragen, ist hier verboten, und sie macht es auch normalerweise nicht, aber dieser eine, dieser überaus wertvolle Knochen findet dennoch bisweilen den Weg ins Wohnzimmer. Sie stürmt dann, in der Regel, im Tiefflug hinein und verschwindet gleich in ihrer Kiste, wo sie wild in der Decke herumgräbt. Oft bildet die Decke dann einen unförmigen, dicken Knubbel, eine Rolle oder eine Art Turm, der schief, wie jener von Pisa, in einer Ecke steht. Und unter oder in diesem Deckenkonstrukt liegt, irgendwo vor unseren Blicken verborgen, der Knochen. Nachts holt sie ihn dann heimlich hervor, um ein wenig daran zu nagen. Manchmal legt sie sich auch, während wir Fernsehen gucken, mit dem Knochen, auf die Fußmatte vor der Terrassentür und raspelt leise an ihrem Heiligtum herum. Sie weiß, dass wir sie dort nicht sehen können. Natürlich wissen wir genau, was sie da treibt. Wir sind ja auch nicht gänzlich taub, aber wir lassen sie in dem Glauben, unentdeckt zu bleiben…


Am nächsten Tag wandert der Knochen aber wieder, klammheimlich versteht sich, nach draußen, wo er an einem sicheren Ort deponiert wird. Manchmal sehen wir sie draußen, in irgendeiner Ecke, wild im Boden buddeln. Wir reden uns dann ein, dass sie mauselt, was für Spitze nicht unüblich ist und nehmen dies wohlwollend zur Kenntnis. In Wirklichkeit wird sie wohl den Knochen bei Seite schaffen, immer auf Nummer Sicher gehen wollend, dass wir ihn nicht finden und wegwerfen…


Was genau es mit dem Knochen auf sich hat, das wissen wir nicht. Warum dieser großartige Hund, in dem kleinen, roten Körper, gerade dieses eine Fragment, unter vielen, zu seinem persönlichen Besitz auserkoren hat und ihn mit solcher Hingabe hütet und schützt, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.  Nur eines stand bislang immer fest: Der unscheinbare, kleine Knochen ist Möppis großer Schatz…


Gestern Abend kam ich wieder einmal, müde und ziemlich zermürbt, aus dem Krankenhaus zurück. Ich war öfters für eine Weile fort, in letzter Zeit, und immer, wenn ich zurückkam, war die Freude unter den Tieren groß. Sie leiden stets sehr unter meiner Abwesenheit, was sie auf verschiedenste Art und Weise zum Ausdruck bringen. Und wenn ich dann aus dem Auto aussteige, erfolgt eine Orgie von Begrüßungen unterschiedlichster Art…

Laut meckernde Ziegen kommen wild herbeigaloppiert, Bocksprünge machend, wie übermütige Lämmer…  Am Zaun laufen die Pferde rastlos auf und ab, heiser wiehernd und mit leuchtenden Augen… Wenn ich die Haustüre öffne, stürzen die Hunde hinaus, völlig außer Rand und Band… Möppi springt jauchzend auf und ab, Maruschka drückt leise winselnd ihren Kopf an mich, und Galina umkreist mich, heftig wedelnd, wobei nicht nur die Rute, sondern das gesamte Hinterteil sich rhythmisch hin und her bewegt. Ihr fehlt nur noch das Baströckchen…


Bevor ich mich nach innen begebe und stundenlang die Katzen einzeln begrüße, verbringe ich, für gewöhnlich, erst einmal etwas Zeit bei den Außentieren...
So war es auch gestern wieder. Ich begab ich zu den Ziegen, denen ich, von unterwegs, etwas mitgebracht hatte und verteilte meine kleinen Willkommensgeschenke an die aufgewühlte, und wie immer, sehr hungrige Meute…
Dann begab ich mich auf den Paddock und begrüßte die ungeduldig scharrenden Pferde. Sie bekamen ein paar Äpfel, viele Streicheleinheiten und auch gleich ihr Abendessen...
Dann spielte ich eine ganze Weile mit den Hunden im Hof und ging schließlich auch noch eine kleine Runde mit ihnen spazieren. Es war ein kurzer, aber sehr fröhlicher Ausflug, bei dem mich zwei, regelrecht vor Freunde strahlende, Pudel flankierten und ein kleiner, roter Spitz unaufhörlich hechelnd und kläffend um mich herum sprang…
Zuhause angekommen begrüßte ich die Katzen und schließlich verschwand ich im Bad. Die Pudel lagen derweil, völlig entspannt und mit ihrem Leben zufrieden, auf ihrem Bett und ruhten, während das Möppen voller Ungeduld meine Rückkehr herbeisehnte…


Als ich letztendlich im Wohnzimmer erschien, kam sie mir, freudig  jauchzend, entgegengerast, machte aber plötzlich eine Vollbremsung, die aber misslang, da sie auf dem glatten Laminat rutschte und, mit voller Wucht, gegen meine Schienbeine prallte. Völlig unbeeindruckt davon machte sie blitzartig kehrt, raste zurück und verschwand eilig in ihrer Kiste, wo sie eifrig in der Decke herumwühlte…
Kurz darauf kam sie auch schon zurück, hielt vor mir inne, warf etwas vor mich hin auf den Boden, trat einen Schritt zurück und bellte „Wau!“
Ich schaute auf den Boden und sah, dass es Möppis Knochen war, jener kleine Knochen, an dem ihr Herz so sehr hängt. Sie trat auf mich zu und schob den Knochen, mit der Nase, dicht zu mir hin, trat wieder zurück und schaute ich an, als wolle sie sagen „Nimm schon. Er ist für dich!“
Ihr kleines, rotes Gesicht lachte mich an, und als ich den Knochen aufhob und an mich nahm, da drehte der kleine rote Körper sich, voller Freude, mehrmals um die eigene Achse. Ich nahm das Teil mit zu einem Platz auf der Couch, wo ich es, auf einem Taschentuch, vor mich hinlegte. Der lächelnde, kleine, rote Hund legte sich vor das Sofa hin, das Köpfchen auf die kleinen, roten Pfoten und schloss, müde, aber glücklich, die Augen…

Sie hat bislang keinerlei Anstalten gemacht mir den Knochen wieder wegzunehmen. Nun ist es mein Knochen…

Ich habe bislang davon abgesehen, an dem Knochen herum zu nagen, und ich werde es auch gewiss künftig nicht tun, aber etwas ist mir, durch diese herzliche Geste, bewusst geworden:
Nicht der Knochen ist Möppis allergrößter Schatz, sondern ich bin es!


August 2020:

Der Igor!

Ich habe, vorgestern Abend, dem Flappes ein Schälchen mit warmer Sauerkrautsuppe hingestellt.

Die Tür, vom Anbau nach draußen, stand offen, so dass er in den Hof gehen konnte, wann er wollte.

Er nahm sein Schälchen und schlurfte damit nach draußen.

Naja, ich hab mir da nix bei gedacht, denn draußen war es kühler und angenehmer.

Als ich dann gestern Morgen raus kam, schwamm das Näpfchen im Pool.

Nun grübele ich die ganze Zeit darauf herum, was das wohl zu bedeuten hat.

Das Herrchen meinte, er wollte die Schüssel waschen. Aber das ist unwahrscheinlich, denn Igor verrichtet keine Hausfrauentätigkeiten... aus Prinzip nicht.

Kann er, allen Ernstes, seine Suppe im Pool gegessen haben?

Und wenn ja: Warum hab ich das nicht mitbekommen? Es wäre zu schön gewesen!!!


August 2019:

Igor!
"Sitz!" ist so eine Sache, die Igor unter der Rubrik "Kommandos, die die Welt nicht braucht." verbucht. Er setzt sich zwar, wenn ich es sage, aber wenn er nicht gleich wieder aufstehen darf, dann legt er sich hin...

Ihm ist es schier unmöglich, länger, als einige Sekunden, einfach nur zu sitzen. Es ermüdet ihn. Ihn verlassen alle Kräfte, und er sinkt langsam dem Boden entgegen, wo er sich, gaaanz langsam, immer mehr ausbreitet. 

Während des Hinabgleitens schaut er mich an, und seine Augen sprechen zu mir.

"Ich will ja sitzen, aber es geht nicht." sagt er und fügt noch hinzu "Guck! Guck, ich rutsche!"


August 2020:

Über das Schöne an einem Sommerregen

In den frühen Morgenstunden begann es tatsächlich, zu regnen. Es regnete, wie man so schön sagt, "Bindfäden"... kleine Tropfen, aber davon viele, die schnell herunterfallen, dicht gefolgt vom nächsten Tropfen...

Ich öffnete Türen und Fenster, ließ die kühle, frische Luft herein und bettete meinen müden Körper, noch eine Weile, auf dem Sofa, nahe bei der offenen Terrassentüre...

Den Vogelfutterspender hatte ich unlängst mit frischen Meisenknödeln bestückt, und sie waren auch allesamt da, die hungrigen Schnäbel. Eine bunter Trupp, bestehend aus Blau- und Kohlmeisen und zwei Kleibern, tummelte sich auf der Terrasse und hing, in Trauben, an den Meisenknödelhaltern...

Die Spatzenfamilie, ein riesiger Schwarm, der hier bei uns in den Hecken lebt, ließ sich vorerst nicht blicken. Diesen Regen mochten sie nicht. Nur eine kleine, braune Gestalt, die mir mehr, als vertraut ist, hüpfte am Boden herum und pickte eifrig alles auf, was die anderen Vögel oben, von den Knödeln, abhackten. Es war "das Schnibbelchen", ein kleines Haussperlingsweibchen, welches sofort durch sein etwas eigenwilliges Verhalten auffällt. Das Schnibbelchen ist anders, als die anderen Spatzen, und so kam es, dass alle anderen sicher und trocken in den Hecken und Bäumen beieinander saßen, während sie, neben dem Regen aus Wasser, auch jenen aus Meisenknödelkrümeln auf sich nieder prasseln ließ...

Ich beschloss, so noch eine ganze Weile auszuharren, mich an der kühlen Luft zu erfreuen, etwas auszuruhen und abwechselnd zum Fernseher und nach draußen zu schauen...

Dann vernahm ich die Schritte der Pferde, draußen auf dem Paddock. Ich hörte Meyjas leichte und Sharons schwere Schritte, ihr Schnaufen und das Platschen, wenn sie in eine Pfütze traten...

Sie hielten inne und schauten zur Terrassentür, wohl in der Hoffnung, mich dort zu sehen. Ich aber blieb liegen. Es war so gemütlich...

Dann begannen sie, nach mir zu rufen... Meyja mit der warmen, ruhigen Stimme einer erfahrenen Leitstute, Sharon mit dem schrillen Wiehern einer jungen Wilden...

"Komm raus!" riefen sie... "Komm zu uns, in den Regen. Hier ist es herrlich!"

Draußen war es grau, und es regnete ohne Unterlass, aber ich zog mich an und begab mich nach draußen...

Die mitgenommene Regenjacke zog ich nicht an. Es ist nicht schön, in diesem Gummiding. Es war auch nicht kühl, wie erwartet, so dass ich den warmen Sommerregen einfach auf mich fallen ließ, was sich gut anfühlte... unbeschreiblich angenehm. Es gibt kein zweites Gefühl, wie dieses, und so begab ich mich hin, zu den Pferden, um eine ganze Weile, mit ihnen gemeinsam, im Regen zu stehen...

Begrüßt wurde ich mit lautem "Hallo!", wie es ihre Art ist. Meyja kam, freudig gubbelnd, auf mich zu gerannt... im Passgang, wie immer, wenn sie es eilig hat, und Sharon quietschte von irgendwoher und trampelte dann auch herbei. Wir standen dicht beisammen, liebkosten einander und ließen den Regen auf uns fallen, der alles abwusch, was wir in den letzten Tagen erlitten hatten. Es war schön!

Nach einer Weile taten die beiden Liebhaberinnen üppiger Mahlzeiten mir kund, dass es an der Zeit sei, ihnen das Frühstück zu servieren, was ich dann auch tat...

Während sie zu fressen begannen, holte ich mein Zeugs herbei, was man so braucht, um einen zugeschissenen Paddock in einen sauberen zu verwandeln. Die Schubkarre war randvoll, mit Wasser. Als ich sie zur Seite kippte, um sie zu entleeren, schwappte ein Schwall des warmen Wassers gegen meine Beine und lief in meine Schuhe hinein. Ich tanzte, mit meiner Schubkarre als Tanzpartner, und mit den, bei jedem Schritt, quatschenden Gummilatschen, rhythmisch hin und her und sang mein Lieblingssommerregenlied „Summer Rain“ von Chris de Burgh. Sharon ließ von ihrem Heu ab und schloss sich uns an, der Schubkarre und mir. Die meiste Zeit stand sie mir im Wege, aber auch sie wiegte, hier und da, ihren glänzenden, schwarzen Körper im Takt meines krächzenden Gesanges, ging vor und zurück und um mich herum. Ich hoffe, uns hat niemand gesehen, und wenn doch, dann soll es mir egal sein. Sie reden eh über mich…

Ich machte dann sauber, innen und außen, fegte nasse Pferdeäppel zusammen, siebte Späne, versprühte nützliche kleine Tierchen, stopfte Heunetze, schrubbte Bottiche, und irgendwann, als ich fast fertig war, stellte ich fest, dass der Regen irgendwann aufgehört hatte, und der Boden stellenweise schon wieder gänzlich trocken war...

Ich hielt inne und fand mich in einer Art diesiger Nebelwelt wieder. Der immer noch warme Boden dampfte regelrecht, die Luft war feucht und schwer.

Die Blätter der Bäume, die Früchte und Nüsse, das Gras, die Blumen und überhaupt alles erstrahlte in einem frischen Glanz, so wie der frisch gewischte Fußboden, im Haus. Ein Feuerwerk aus Düften hing in der Luft… der Duft von nassem Gras, von Walnusslaub, von Tanne, von Kräutern, Blumen, Heu, von feuchter Erde und Wasser und dazu der wohl schönste Duft von allen, nämlich der von warmen, runden Pferdeleibern, die träge und genussvoll ihr Futter zermalmen…

Ich stand da, mittlerweile schon wieder in trockener Kleidung und ließ all das auf mich wirken. Im Hof hörte ich Moppe und Polle miteinander spielen, aber hier hinten war es ruhig. Einzig der Lärm der schäternden Spatzen, die sich nunmehr an der Futterstelle eingefunden hatten, war zu vernehmen. Gelegentlich machte es „Plopp!“, weil irgendwo ein Apfel oder eine Birne zu Boden fiel, und man hörte ein Rascheln im Laub, hier und da... 

Das Schnibbelchen kam auf mich zu gehüpft und wir sahen uns an. Es ist so niedlich, so besonders! Unter tausend Spatzen erkenne ich es sofort wieder. Es kann prima fliegen, aber es ist sehr oft zufuß unterwegs. „Pass auf, dass die Katzen dich nicht kriegen!“ sagte ich zu ihr und nahm meine Schubkarre wieder auf…

Nasse Pferdekacke ist erheblich schwerer, als trockene, stelle ich immer wieder fest. Wacker schob ich die schwere Karre vor mir her…

„Es ist gut, dass ich nicht liegengeblieben bin, bis der Regen aufhört!“ dachte ich laut. „Ich hätte so viel verpasst!“


August 2020:

Igor´s besondere Geschäftsbedingungen

"Ich muss mal!" jammerte er, während der gesamten Autofahrt. "Ich muss! - Ich muss! - Oooh! Wie ich muss!"

Also hielt ich am Straßenrand an und ließ ihn raus. Da stand er nun und schaute mich beleidigt an. Er pustete seine Backen rhythmisch auf, und sein Blick sprach Bände: "Hier soll ich meinen Darm entleeren? Hier? Am Straßenrand? Direkt neben dem Auto... also meiner Sänfte?" Er blickte mir tief in die Augen. "Bei laufendem Motor? Bin ich ein Vagabund? Ein Wegelagerer?" 

"Naja..." stammelte ich. "Ich dachte, wenn du sooo dringend musst..."

Igor sprang, mit einem Panthersatz, in den offenen Kofferraum zurück und ließ mich wissen, dass er darauf bestünde, an einen geeigneten Platz chauffiert zu werden, und zwar unverzüglich...

Am Waldrand angekommen, bei einem Windrad, entstieg er dem Auto und schritt hoheitlich von dannen... zügig und zielgerichtet...


September 2019:

Mal so über´n Flappes:


Der Flappes ist kein gieriger Fresser, so wie manch anderer große Hund. Er frisst auch nicht, sondern er isst... Definitiv isst er, einem vornehmen Menschen ähnlich...


Der Flappes ist wählerisch, isst nicht alles. Gerne mag er das, was wir Menschen essen, liebevoll und üppig belegte Butterbrote, Gekochtes, Kuchen, Pizza, Spiegeleier und Spinat...


Der Flappes mag auch Hundefutter. Hochwertiges Dosenfleisch, gerne gemischt mit Kartoffelbrei oder Nudeln...  Gemüse in sahnigen Soßen darf man ihm gerne untermischen, und gegen kleine Snacks und:

 Hundekuchen hat er auch nichts einzuwenden...


Trockenfutter ist für ihn kein Essen. Trockenfutter ist etwas, was man zögerlich zu sich nimmt, wenn man spürt, dass der sicher bevorstehende Hungertod bereits beharrlich an die Pforte klopft. Trockenfutter kann noch so lecker sein, es ist kein Essen. Es ist allenfalls Futter, also Nahrung für Tiere, die fressen... keinesfalls aber Essen für Igor... niemals nie nicht artgerechte Nahrung für den Flappes!


Es gibt Tage, an denen er Trockenfutter zu sich nimmt, gepeinigt vom nagenden Hunger... vom quälend verkrampften, seit Stunden leeren Magen angeknurrt.


Er isst es aber heimlich, wenn ich es nicht sehe, da es unter seiner Würde ist. Hunde fressen Trockenfutter aus Näpfen, Igor nicht... nicht er, der Zar unter den Hunden, hier in unserem Dorf.


Manchmal isst er sogar reichlich davon, wenn er mit der Hoffnung, doch noch etwas Essbares zu bekommen, abgeschlossen hat. Und dann ist er satt... pappsatt...


Wenn er dann, gänzlich unerwartet, doch noch etwas Genießbares gereicht bekommt, so kann man ihm seine Verzweiflung ansehen.


"Damit kommst du jetzt an!" sagt sein vorwurfsvoller Blick... "Jetzt, wo ich satt bin."


Er verweigert die Annahme, dreht angewidert den Kopf zur Seite und macht kein Geheimnis daraus, dass er erzürnt ist... erzürnt darüber, dass man ihn so lange ohne jede Nahrung beließ, bis er, in seiner Not, jenes unsägliche Zeugs zu sich nahm.... heimlich... bevorzugt im Schutze der Dunkelheit...


Er ist schon ein Besonderer, mein Flappes. Er ist ein schrulliger Exot, ein wunderlicher Außenseiter, ein Hund, der kein Hund ist, sondern etwas, das über allem Hündischen schwebt... erhaben, stolz und unbeugsam...